Normalerweise widmet sich die SPD Güls bei ihrem halbjährlichen SPD hört zu-Abend den Nöten der Bürger*innen. Am 17.10.23 waren nun jedoch knapp 40 Vertreterinnen und Vertreter von Vereinen ins Weinhaus Lunnebach gekommen. Denn in den letzten Jahren haben Sicherheitsauflagen, neue Gesetze und Abgaben die Ausrichtung von Veranstaltungen immer anspruchsvoller und aufwendiger gemacht. Die ehrenamtlichen Engagierten berichteten, dass deswegen bereits Events abgesagt oder Planungen reduziert werden mussten.
Der Moderator des Abends, der Gülser Ortsvereinsvorsitzende und SPD-Stadtratsmitglied Toni Bündgen, erinnerte daran, dass die Stadtverwaltung Dienstleister sein sollte, um das kulturelle Leben im Ort zu unterstützen. In diesem Sinne war der Abend dazu gedacht, Vereine und Politik ins Gespräch zu bringen.
Als Vertreter der Vereine war Franz Josef Möhlich, Vorsitzender des Gülser Ortsrings, eingeladen, in der Diskussion Partei für die Ehrenamtlichen zu ergreifen. Sozusagen für die andere Seite, die Perspektive der Stadtverwaltung, zeigte Markus Mannebach von der Stabstelle des Koblenzer Oberbürgermeisters Präsenz. Er gab zunächst einen Einblick in seine Arbeit. So versuche er Räumlichkeiten für Vereinsaktivitäten zu finden, moderiere bei Problemen zuletzt z.B. nach Beschwerden wegen Ruhestörung bei einer Kirmes. Zudem unterstütze er die Koordinierung des Ehrenamtsfests, begleite die verschiedenen Stadtdörfer-Projekte und sei im OB-Büro für den Haushalt zuständig. Er sehe es als seine Aufgabe, die Sicht der Vereine in den Ämtern zu vertreten.
Die Anwesenden stiegen schnell in die Diskussion ein und berichteten aus ihrem Alltag, wo der Schuh drückt. Die Bedingungen für die Vereine haben sich bedrohlich verschlechtert – Aktive scheiden aus Altersgründen aus, während sich kaum noch jüngere für Mitgliedschaften begeistern oder verantwortungsvolle Aufgaben zuverlässig übernehmen wollen. Hinzu kommen gestiegene Erwartungen und Anforderungen von gesetzlicher Seite. So müssen nach dem Terroranschlag vom Breitscheidplatz oder der Amokfahrt in Trier bei Umzügen die Zufahrtswege blockiert werden und eine Unmenge an Halteverbotsschildern von Freiwilligen aufgestellt werden. Neben den Sicherheitsstandards, die für ein Dorf genauso gelten wie für Großstädte, sind die Kosten für alles möglich in den letzten Jahren explodiert. Der anwesende ehemalige Ortsvorsteher Eckhard Kunz gab zu bedenken, dass das Sicherheitsdenken gesellschaftlich gewollt sei. „Alle rufen nach Vereinfachung. Aber wehe, wenn was passiert, dann geht die Suche nach einem Schuldigen schnell los.“ Einig war man sich, dass Sicherheit wichtig sei. Aber auch hier gebe es Übertreibungen. Die Auflage, Fluchtwege im Wingert auszuweisen, sei überflüssig. Hier hätte gesunder Menschenverstand ein paar ausgedruckte Schilder und Arbeitsstunden einsparen können.
Gleichzeitig werden die Bearbeitungsfristen in den Verwaltungen durch Personalengpässe und zunehmende Bürokratie länger. Für Vereinsvorstände führt dies zu Unsicherheiten und Problemen bei Vertragsverhandlungen z.B. mit Bands und Musikern, wenn die notwendigen Genehmigungen noch gar nicht da sind, aber die Vertragspartner verbindliche Zusagen für den Termin brauchen.
Absurdes aus dem Alltag der Vereine
Neben den üblichen Beschwerden kamen dann auch individuelle Erfahrungen dazu, wie dass nach einem Personalwechsel in der Behörde plötzlich Absprachen und Selbstverständlichkeiten nicht mehr galten und alle Abläufe, die lange genehmigt waren, plötzlich wieder Streitthema wurden. Hier konnte der städtische Mitarbeiter Mannebach aber gleich versprechen, sich einzuschalten. Er wies auch darauf hin, dass die Stadt ebenso wie viele Firmen mit Personal-Problemen zu kämpfen hat. Zudem merkte er zur Verteidigung an dass die Auflagen meist nicht von der Stadt erfunden werden, sondern vom Gesetzgeber vorgegeben sind und die Stadt dies zu prüfen hat um sich nicht angreifbar zu machen. Dennoch sieht Möhlich kommunale Gesetze eher als Verhinderung denn als Unterstützung ehrenamtlichen Engagements.
Lob gab es für Mannebach dafür, dass er den Vereinen wirklich versuche zu helfen. In der Stadt Koblenz ist mit ihm inzwischen eine Anlaufstelle für Vereine und Ehrenamtlerinnen und Ehrenamtler vorhanden. Allerdings bräuchte er weiteren Handlungsspielraum, um Anträge kurzfristiger zur Bewilligung zu verhelfen oder auf Probleme hinweisen zu können. Mit einem eigens eingerichteten Vereinslotsen, der bei von der Raumsuche bis zu Genehmigung alles koordinieren könnte, wäre eine spürbare Entlastung des administrativen Aufwands möglich.
Positiv wurde jedoch auch festgehalten, dass OB Langner sein Wahl-Versprechen umgesetzt habe, eine Bündelung von Antragen zu ermöglichen. Statt mehrerer Anträge an verschiedene Stellen reicht nun einer aus, was den Organisations-Aufwand der Vereine reduziert hat. Toni Bündgen sammelte die genannten Ideen zur Vereinfachung und empfahl den Ehrenamtlichen, bei Schwierigkeiten mit der Stadtverwaltung bei Veranstaltungsgenehmigungen, Auflagen, Beschränkungen usw. auch frühzeitig die örtlichen Ratsmitglieder zwecks Vermittlung einzuschalten. Das würde zwar nicht immer, aber doch des Öfteren zur Problemlösung beitragen.
Mannebach berichtete von dem Plan, eine Datenbank mit bisherigen Anträgen aufzubauen, um unveränderte Anträge bei Neueinreichung durchwinken zu lassen. Er räumte aber ein, dass die Beteiligung verschiedener Amtsleitungen nicht zu vermeiden sei, da die unterschiedlichen Fachbereiche ihre gesetzlichen Aufträge und ihre Fachaufsicht wahrnehmen müssten.
Thema Bühnenhaus
Das Bühnenhaus war ein weiteres Thema. Denn die Freude über den Kauf des Hauses wird aktuell dadurch getrübt, dass es nicht genutzt werden kann. Probleme mit der Heizung, die zwischenzeitlich durch FJ Möhlich gelöst werden konnten und Wasserschäden, die leider trotz Meldung vom Zentralen Gebäudemanagement der Stadt noch nicht behoben wurden, verhindern aktuell die Nutzung. Mannebach entschuldigte die Stadt, die aufgrund hoher Krankheitsfälle überlastet sei.
Die Planungen zum Umbau wurden durch Auflagen in die Länge gezogen. So sei die Idee, das Dachgeschoss für eine Nutzung zu erschließen nur umsetzbar, wenn ein behindertengerechter Aufzug eingebaut würde. Die Prüfung auf Machbarkeit war aufwendig und hat leider ergeben, dass dann ein Großteil der finanziellen Mittel aufgebraucht wäre und weitere Umbauten nicht mehr finanzierbar seien.
Um Güls weiter voranzubringen, sind wir alle gefragt
Abschließend zeigte sich Mannebach beeindruckt vom Engagement in Güls und wies darauf hin, dass hier mit Bühnenhaus und Sportplatz viele Leuchttürme zu finden seien, um die andere Gemeinden uns beneiden. Die Teilnehmenden machten jedoch auch deutlich, dass die Stadt Koblenz sich darauf nicht ausruhen kann. Die Gülserinnen und Gülser, die sich für ihren Ort und das Gemeinwohl engagieren, erwarten von der Stadt mehr Einsatz zum Erhalt des Vorhandenen.
Revolutionäre Ansinnen, die Eingemeindung zu Koblenz rückgängig zu machen um sich vermeintlich schnelleren Verbandsgemeinden anzuschließen, wurden zunächst zurückgestellt. Erstmal soll die Stadt Koblenz nochmal eine Chance bekommen, um zu zeigen, dass sie das ehrenamtliche Engagement mit aller Kraft unterstützt.
Letztlich sind wir aber auch als Bürger*innen wieder alle gefragt, nicht nur zu meckern, sondern konstruktiv mit den Verantwortlichen nach Lösungen zu suchen und die Liste der erfolgreichen Projekte trotz aller Herausforderungen, die es immer geben wird, fortzusetzen.
Die SPD wird weiter gerne zuhören und ihren Teil beitragen, um zwischen Ehrenamtlichen und Verwaltungs-Prozessen zu vermitteln.
Die Gülser SPD freut sich besonders darüber, dass aus dieser Veranstaltung heraus bereits ein offener und überparteilicher Brief an die Stadtspitze formuliert wurde, der konkrete Verbesserungsvorschläge enthält und zur Zeit in den Vereinen zum Unterschreiben die Runde macht.